Leseprobe

6.1. Der Weinstock

Der Weinstock symbolisiert im alten Testament Friede, Wohlstand und Sicherheit.

„An den Weinstock bindet er sein Eselsfüllen, an die Edelrebe das Junge seiner Eselin; er wäscht im Wein sein Kleid und im Blut der Trauben sein Gewand;“[1]

Dieser Vers zeigt, was für ein Wohlstand da ist. Denn um einen Esel an einem Weinstock oder an einer Rebe zu befestigen, müssen diese recht stark und dick sein. Noch typischer ist der Ausspruch, dass jeder unter seinem Weinstock und Feigenbaum sitzen wird.[2] Es geht um den Weinstock, der an einem Feigenbaum hoch wächst und um den Besitzer, der darunter sitzen kann. Alles ist in Überfluss vorhanden.

Wie der Weinberg, kommt auch der Weinstock bei Gerichtsandrohungen oft vor.

Da ist dann die Rede vom Verdorren und Veröden des Weinstocks.[3] Ebenfalls wie oben wird das Volk Israel auch mit dem Rebstock verglichen,[4] den Gott gepflanzt hat und der üppig gewachsen ist. Besonders schön ist dies im Psalm 80 beschrieben: „Einen Weinstock hobst du aus, aus Ägypten. Du vertriebst Nationen und pflanztest ihn ein.“[5]

 Doch das wichtigste Bild im Zusammenhang mit dem Weinstock ist wohl das „Ich bin Wort“ Jesu. Er sagt:

„Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.  Jede Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, die nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, die reinigt er, daß sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir und ich in euch! Wie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibt denn in mir. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun. Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er hinausgeworfen wie die Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch geschehen. Hierin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und meine Jünger werdet.“[6]

Jesus als der Weinstock gibt den Reben den Saft. Ohne den Rebstock können keine Reben gedeihen. Im Kapitel 3.1 habe ich auf die einzelnen Teile der Rebpflanze und deren Funktion bereits hingewiesen. Jesus ist der Saft-spender für uns. Gott selber ist der Weinbauer. Wie erwähnt,[7] spielt der Schnitt der Rebe eine wichtige Rolle. Das Bild der Rebe ist auch theologisch sehr interessant. Denn auch der Mensch muss ab und zu wieder zurecht gestutzt werden, wie die Rebe. Das tut oft weh und ist nicht gerade angenehm, aber notwendig. So wie die Rebe weint, so weint ab und zu auch der Mensch nach so einem Eingriff. Doch dürfen wir auch darauf vertrauen, dass Gott mit einem solchen Eingriff nur das Beste für uns will. Ebenfalls ist es wichtig, die Reben weg zu schneiden, die keine Frucht bringen, denn sie entziehen denen, die Frucht tragen, den Saft und die Kraft. So ist es auch am Leib Christi. Aber nicht nur die Reben haben Bedeutung an diesem Gleichnis, sondern auch der Weinstock, welcher verwurzelt sein muss. Die Wurzeln eines Rebstocks reichen ja einige Meter tief in die Erde, so wie Jesus in Gott verwurzelt ist und uns so mit ihm verbindet. Jesus selber sagt: „Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“[8] Wenn wir mit ihm verbunden sind, wie die Rebe mit dem Weinstock, haben wir den Zugang zu Gott, so wie die Rebe den Zugang zum Wasser hat.


[1] 1.Mose 49,11.
[2] Micha 4,4 / 1.Könige 1,1.
[3] Joel 1,12 / Jeremia 5,17 / Jesaja 16,18.
[4] Jeremia 2,21 / Hosea 10,1.
[5] Psalm 80,9.
[6] Johannes 15,1-8.
[7] Vgl. 3.1.
[8] Johannes 14,6.